Ein Überblick über Methoden, Modelle und ihre Anwendung in der Praxis.
Die Eigenkapitalkosten sind ein zentraler Bestandteil der Unternehmensbewertung und beeinflussen direkt Investitionsentscheidungen und die Kapitalstruktur. Doch wie werden sie verlässlich berechnet?
Dieses Whitepaper gibt einen Überblick über gängige Methoden und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen – von CAPM bis DDM.
Die Eigenkapitalkosten stellen eine wesentliche Komponente der Kapitalkosten eines Unternehmens dar und sind ein entscheidender Faktor in der Unternehmensbewertung und der Investitionsrechnung. Sie spiegeln die von Investoren geforderte Rendite wider und beeinflussen maßgeblich die Kapitalstrukturentscheidungen eines Unternehmens.
Zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten existieren verschiedene Methoden. Neben gängigeren Methoden wie dem Capital-Asset-Pricing-Model oder dem Fama-French-Dreifaktoren- und Fünffaktorenmodell haben sich in der jüngeren Vergangenheit Modelle hervorgetan, die auf dem Dividendendiskontierungsmodell (DDM) aufbauen.
Das DDM basiert auf der Annahme, dass der Wert einer Aktie dem Barwert aller zukünftigen erwarteten Dividenden entspricht. Das Modell kann in seiner einfachsten Form, dem Gordon-Growth-Modell, durch die folgende Formel dargestellt werden:
P₀ repräsentiert den aktuellen Aktienkurs, D₁ die erwartete Dividende im folgenden Jahr, rₑ die Eigenkapitalkosten, und g die erwartete konstante Wachstumsrate der Dividenden.
Durch Auflösen der Formel lässt sich folgende Gleichung erhalten:
Beim Einsatz des DDM zur Schätzung der Eigenkapitalkosten ist die Wahl der Dividendenschätzungen entscheidend für die Verlässlichkeit der Ergebnisse. Es existieren verschiedene Methoden zur Prognose zukünftiger Dividenden – abhängig von der Verfügbarkeit von Daten und der Stabilität der Dividendenpolitik eines Unternehmens.
Die einfachste Form des DDM basiert auf der Annahme eines konstanten jährlichen Dividendenwachstums. Diese Methode wird häufig verwendet für reife Unternehmen mit stabilen Dividendenzahlungen (z. B. Konsumgüter-, Pharma- oder Versorgungsunternehmen) und einer etablierten Dividendenpolitik.
Die Wachstumsrate der Dividenden wird häufig entweder aus historischen Durchschnittswerten berechnet oder auf Basis von Analystenschätzungen bestimmt. Weitere Datenquellen umfassen Unternehmensprognosen, Ankündigungen zur Dividendenpolitik sowie makroökonomische Erwartungen (z. B. Inflation, BIP-Wachstum).
Einige Unternehmen veröffentlichen Dividendenvorhersagen für mehrere Jahre im Voraus. Für größere Unternehmen existieren häufig externe Analystenprognosen. Datenquellen hierfür sind unter anderem Bloomberg, FactSet, Refinitiv (Thomson Reuters), Capital IQ, Unternehmensberichte (Earnings Calls, Geschäftsberichte) oder Research-Abteilungen von Investmentbanken.
Wenn sich ein Unternehmen in einer Wachstumsphase befindet oder eine Veränderung der Dividendenpolitik erwartet wird, kann ein mehrstufiges Wachstumsmodell verwendet werden.
Dieses unterteilt die Entwicklung der Dividenden in drei Phasen:
▪️ Wachstumsphase: hohe Anfangswachstumsrate (z. B. 10 % für 5 Jahre)
▪️Übergangsphase: abnehmendes Wachstum
▪️Langfristphase: konstantes Wachstum basierend auf makroökonomischen Größen
Die Eigenkapitalkosten werden in diesem Fall durch eine mehrstufige DCF-Berechnung ermittelt.
Die derzeit am häufigsten verwendete Methode der Kapitalkostenermittlung ist das CAPM.
Das Modell berechnet die Eigenkapitalkosten auf Basis des systematischen Risikos eines Unternehmens, gemessen durch den Beta-Faktor:
Dabei ist r𝒇 der risikofreie Zinssatz, β der Beta-Faktor des Unternehmens und ERP die Marktrisikoprämie.
Das CAPM wurde durch Fama & French (1993, 2015) um weitere Risikofaktoren erweitert. Das Drei-Faktoren-Modell lautet:
Das Fünf-Faktoren-Modell ergänzt dieses um zwei weitere Komponenten:
Zusätzliche Faktoren:
▪️SMB: Small-Cap-Prämie
▪️HML: Value-Prämie
▪️RMW: Profitabilitätsprämie
▪️CMA: Investitionsstrategie
Das CAPM ist aufgrund seiner einfachen Struktur weit verbreitet. Studien zeigen jedoch, dass es in der Praxis – insbesondere bei kleinen oder volatileren Unternehmen – nicht immer das tatsächliche Renditeverhalten widerspiegelt (Fama & French, 1992).
Das DDM liefert oft niedrigere Eigenkapitalkosten, was unter anderem auf optimistische Analystenschätzungen zurückgeführt wird (Brav et al., 2005). Es eignet sich besonders für Unternehmen mit stabilen Dividenden, ist aber für wachstumsorientierte Unternehmen ungeeignet.
Die Fama-French-Modelle sind empirisch robuster, aber in der Anwendung deutlich komplexer. Zudem zeigen neuere Studien, dass die Erklärungsstärke einzelner Faktoren mit der Zeit nachlassen kann.
Das CAPM bleibt trotz seiner Schwächen der gängigste Standard in der Praxis – vor allem wegen seiner Einfachheit. Für genauere Schätzungen können das DDM oder die Fama-French-Modelle ergänzend eingesetzt werden, je nach Datenlage und Unternehmensprofil. In der Praxis empfiehlt sich häufig die Kombination mehrerer Methoden, um die Eigenkapitalkosten möglichst verlässlich zu bestimmen.